Welchen Vorteil wünschen Sie sich?

Felix Holenstein ist Revierförster der Stadt Dietikon (ZH), und er zeigt an einem Waldrand der Stadt im Limmattal auf, welche Ansprüche und Belastungen an der Schnittstelle zwischen Siedlung und Wald entstehen können. Fotos: Sarah Sidler

Zeitschriften | Verband & PolitikLesezeit 2 min.

Wenn die Ansprüche von Wald und Siedlung aufeinandertreffen

Aufgrund der zunehmenden Bautätigkeit rücken Häuser näher an den Wald. Die gesetzlich vorgegebenen Abstände werden immer häufiger unterschritten. Felix Holenstein, Revierförster von Dietikon (ZH), hat in solchen Fällen eine Lösung für Waldbesitzende parat.

Sarah Sidler | Die Arbeitsgemeinschaft für den Wald (AfW) und EspaceSuisse führten Ende November 2024 das Seminar «Wo Wald und Siedlung aufeinandertreffen – Umgang, Planung und Nutzung gemeinsam denken» in Dietikon durch. Im Rahmen dieses Anlasses führte Felix Holenstein, der Revierförster der Stadt, die Teilnehmenden an eine Schnittstelle zwischen Wald und Siedlung im dicht besiedelten Limmattal. Vor Ort zeigte er auf, welche Ansprüche und Belastungen dort entstehen und wie die Raum- und Siedlungsplanung darauf reagieren kann.

«Das Thema bauliche Verdichtung versus Waldabstand beschäftig uns je länger, desto mehr», sagt Felix Holenstein. Wo früher die im Kanton Zürich gesetzlich geregelten Abstände zwischen Bauzone und Wald grossmehrheitlich eingehalten wurden, werden diese 30 Meter nun immer häufiger durch diverse Bauten, Garteneinrichtungen oder Infrastrukturen unterschritten. Die gesetzlich geregelte Distanz entspricht der mittleren Höhe regionaler Waldbäume. Ein genügender Waldabstand vermindert Schattenwurf, Feuchtigkeit und schützt vor umstürzenden Bäumen und dürren Ästen. Bei Sturm können Waldrandbäume zur Bedrohung werden, wenn Bauten näher als eine Baumlänge am Wald stehen. «Waldabstandslinien tragen diesen Gegebenheiten örtlich angepasst Rechnung», ist dem Merkblatt «Baugesuch im Waldabstand – Was ist zu beachten?» der Abteilung Wald des Kantons Zürich zu entnehmen.

«Früher hat man vermieden, nahe am Wald zu bauen. Heute erweist sich diese Baulage als attraktiv», sagt Felix Holenstein. Es sei kühler, Schatten wurde im Zuge der Klimaerwärmung zu einem begehrten Gut. Er beobachte, dass häufig Hundehaltende die Wohnlage direkt am Wald bevorzugen. «Knapper werdendes Baugebiet und hohe Baulandpreise bei wachsenden Raumansprüchen führen zu einem zunehmenden Druck auf den Waldabstand. Diesem Druck darf sowohl bei der Festsetzung der Waldabstandslinie als auch bei der Prüfung von Baugesuchen nicht leichtfertig nachgegeben werden», ist dem Merkblatt weiter zu entnehmen. Ein Dispens von diesem Bauverbot könne nur erteilt werden, wenn besondere Verhältnisse vorlägen und die Durchsetzung des Bauverbots unverhältnismässig erscheine. Besondere Verhältnisse könnten in der Form, Lage oder Topografie des Baugrundstücks liegen, aber auch in der Eigenart des Bauwerks. Da bereits bei der Festlegung der Waldabstandslinien die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt würden, sei bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen ein strenger Massstab anzuwenden.

Informationen müssen fliessen

Felix Holenstein beobachtet aber genau das Gegenteil: einen anhaltenden Druck auf das Bauabstandsgebiet zwischen Wald und Siedlung oder Infrastruktur. «Durch die rege Bautätigkeit und die verdichtete Bauweise haben solche Begehren um Ausnahmebewilligungen zugenommen. Ich habe das Gefühl, dass bisweilen eine einfache Begründung für eine Bewilligung reicht, um im Waldabstand Bauten zu erstellen.» Verdichtung und Ersatzneubauten verschärfen die Belastungen für den Wald und die Auswirkungen von Siedlungen auf diesen weiter.

Wird die Waldabstandslinie unterschritten, steigt das Risiko für Waldbesitzende massiv, weil diese für Schäden, verursacht durch Baum- oder Astwurf, haftbar sind. Um solche Schäden zu verhindern, müssen sie also vermehrt in die Waldpflege investieren. Deshalb geht Felix Holenstein seit bald 20 Jahren je länger, desto vehementer gegen Ausnahmebewilligungen vor. Er sucht das Gespräch mit den Bauherren und verlangt, wenn nötig, den Baurechtsentscheid. «Wir sind keine Verhinderer, doch wenn es sein muss, behalten wir uns einen Rekurs vor.»

Es könne nicht sein, dass Bauherren durch die zusätzlich bebaute Fläche ihren Gewinn optimieren, während die Waldbesitzenden in den kommenden Jahrzehnten einen massiv höheren Aufwand in Kauf nehmen müssten. Felix Holenstein verlangt von den Bauherren, dass diese für die Mindererträge und Mehraufwände der Waldbesitzenden aufkommen. «Ziel ist es, langfristige Verträge und Dienstbarkeiten abzuschliessen, welche Entschädigungen für die Waldpflege und die Gewährung der Sicherheit festhalten.» Vor Kurzem habe sich eine Waldeigentümerin damit mit einem Grossinvestor einigen können. Dieser will anstelle einer abgerissenen Villa, welche sich rund 30 Meter vom Wald entfernt befand, acht Einfamilienhäuser bauen. Die Holzkorporation hat nun erwirkt, dass ihr Aufwand für die Waldpflege auf Baumlänge von den künftigen Hausbesitzenden dauerhaft finanziell abgegolten wird.

Der Revierförster verlangt, dass die Waldbesitzenden frühzeitig darüber informiert werden, wenn die Waldabstandslinie von 30 Metern unterschritten wird, damit sie reagieren können – auch bei Klein- und unterirdischen Bauten. Verpassen sie die Auflagefrist, werden sie den Unterhalt tragen müssen. «Wenn der gesetzlich vorgegebene Abstand unterschritten wird, muss die Kommunikation zwischen dem Kanton, der Gemeinde, den Bauherren und den Waldeigentümern gegeben sein.» Diese Forderung hat die Holzkorporation Dietikon an den Kanton getragen. «Die Kantone und Gemeinden sollen bei der Bewilligung von Bauten im Waldabstandsbereich zurückhaltend agieren. Vor allfälligen Bewilligungen ist zwingend die Einwilligung der Waldeigentümerinnen und -eigentümer einzuholen.» Waldabstandslinien seien im Richtplan festgesetzte Baulinien.

Über diese und viele weitere Themen lesen Sie in der neuen Ausgabe von «WALD und HOLZ».

Wald und Holz jetzt abonnieren

ähnliche News aus dem Wald